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vom mühsamen Weg der Auferstehung

 

Wenn dir auffällt, wie sehr du dich veränderst und dann zu der Erkenntnis gelangst, dass du zwar immer wieder merkst wenn dir was nicht gut tut, aber du erst jetzt siehst was schon lange mit dir passiert ist. All die Zeit schliffen Enttäuschungen und kleinere Verletzungen Furchen, so groß wie ausgetrocknete Flussbette liegen sie nun in einem kahlen Tal – ohne Baum, Graßhalm oder Siedlungen. Nun die Frage an dich selbst: wo willst du hin? Wer bist du? Ich habe schon fast vergessen wie ich einmal war – vor Jahren – eine kleine Ewigkeit ist das her, so kommt es mir vor.

Normalerweise sieht man so was nur in tragisch-traurigen Filmen. Über ein derartig ausgeprägtes und zur Schau gestelltes Selbstmitleid sollte ich spätestens jetzt selbst lachen!

Wehmütig denke ich an meine Vorstellung von meinem Leben, die ich damals hatte. Wer ich sein wollte, wer ich für mich war. Stark, unabhängig, furchtlos. Ja, ich hatte selten viel Kohle auf dem Konto – okay, das ist der Nachteil in dem Alter. Vor allem ohne schwerreiche Verwandte, die dich mit Geld wohlig-warm einpacken. Aber ich war durstig nach Leben, saugte jeden Moment schwammartig auf und strahlte – von innen, von außen...sogar mein Hinterteil strahlte glücklich – mein Herz war offen und ich hörte es leise und gemächlich pochen. Bum, bum-bum...ruhig, gleichmäßig, ich war - von spätpubertären Irrungen abgesehen - ganz bei mir selbst. Ja, eigentlich sind die Zufriedenheit und ich alte, wenn auch mittlerweile räumlich getrennte, Bekannte. Wir laufen uns zwar nicht mehr allzu oft über den Weg, aber wir waren mal recht dicke miteinander. Als ich das erste Mal mein Herz spürte, war es kein Herzinfarkt. Ein stechender Schmerz zog ein und blieb für ein paar Sekunden, ehe er wieder langsam verschwand. In diesem Moment erfuhr ich meine erste echte Enttäuschung. Es war passiert, der Mensch, dem ich alles anvertraut hatte, dem ich mein Herz vor langer Zeit in die Hände legte – hübsch verpackt, zum Kotzen schön, in zartrosa Seidenpapier eingewickelt – und dem ich voll und ganz vertraut hatte...dieser Mensch schaffte es all die lange schöne Zeit in drei Sekunden ungeschehen zu machen. Ende. Die wunderschönen Erfahrungen, die intensiven Erlebnisse – in eine dicke Schicht aus Nebel und Schwefeldunst gehüllt. Plötzlich stellte ich mir die Frage: war das denn echt? Was war echt? War von meiner Vergangenheit, von den Empfindungen, dem Erlebten überhaupt etwas so richtig echt? Schmückte ich vielleicht alles nur aus? Verkleidete ich mein Erlebtes, meine Eindrücke der durchlebten Tage und Jahre vielleicht unerkennbar? Wie wenn man sich zu Fasching in unfassbar abartige Kostüme steckt, um sich zu verwandeln? Bildete ich mir alles nur ein? Gibt es wirklich unterschiedliche Wahrheiten der Wahrnehmung? Siebeneinhalb Jahre, mindestens 5 weiteren seelisch bedingten Pseudoherzattacken und so so viele graue Haare später in einer weiteren Beziehung...begann ich zu vermissen – das Glück zu vermissen, lebte in Trauer und verlor den Schlüssel zu mir, vergaß den Zahlencode zu meinem inneren Safe. Alkohol, Gras, Musik – nichts wischte den Schmutz weg, nichts fegte die Spinnweben von meinen Fenstern. Ich fand den Lichtschalter nicht, der imaginäre Raum blieb zu dunkel und war unendlich groß. – die Wände waren nicht zu erspüren. Es war stockdunkel. Ich fing an zu träumen, mich in eine andere Welt zu denken. Ich gab es auf nach dem Weg zu suchen um zur Türe zu gelangen, irgendwann vergaß ich dass ich das einmal vor hatte - auszubrechen. Die Gedanken kreisen fernab der Realität, ich stelle mir vor wie ich dich kennenlerne. Es ist abstrus darüber nachzudenken – ein irrwitziges Lachen überzieht mein Gesicht, dann kommen mir die Tränen. Ich breche zusammen, sitze in der Dusche – das Wasser läuft über meinen Kopf, fließt an meinem Körper hinunter, vermischt sich mit Tränen. Ich sitze da, umarme meine Beine und meine Stirn liegt auf den Knien. Ich denke an nichts und die Tränen schießen aus mir raus, kann kaum noch atmen, bekomme keine Luft. Ich möchte nicht aufstehen und kann nicht aufhören – die Tränen schießen aus mir heraus. Kurze Momente der Stille. Dann ein Gedanke und die Gefühle überkommen mich erneut. Ich möchte mit niemandem sprechen, keinem das alles erzählen – ich bin doch eigentlich stark und optimistisch! Schwäche zeigen vor Freunden, nein. Meine Familie hat genug mit sich selbst zu tun – auf gar keinen Fall. Ich möchte sie nicht belasten, ich schaffe das alleine. Wenn jemand meine momentane Schwäche sieht, er wird sie nicht verstehen. Und, glauben sie dann nicht, wenn sie mal Probleme haben und mich brauchen, dass sie mich damit nicht belasten dürfen, da ich eh schon so kämpfe? Nein, dann lieber nichts sagen, stark bleiben, durch damit sein – Abschließen! Sie brauchen meine starke Schulter, meinen Optimismus, meine Freude, meinen Humor – mich. Ist das der Anfang von Hoffnung?

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